War das wieder peinlich ...
oder
dabei muß gutes Benehmen kein Zufall sein.

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von Beate Grossart-Cappelen

Überall werden wieder Manieren gepaukt. Denn Beziehungen sowie auch Karrieren hängen oft an Kleinigkeiten. Weiße Socken beim Vorstellungsgespräch oder unelegant ausgespuckte Fischgräten können so manchen Nachwuchsmanagern das Genick brechen. Darüber hinaus haben schlechte Manieren schon so einige viel versprechende Lovestories gekillt.

Karrierefaktor Benehmen

Sogar Klein-Schumi-Formel 1-Nachwuchs und jüngerer Bruder von Rennstar Michael bekommt von seinem Manager Willi Weber Manieren beigebracht, damit Jüngling Ralf auch richtig vermarktet werden kann.
Freiherr von Knigge ist seit 200 Jahren tot. Doch gutes Benehmen und Stil sind wieder "in", und das nicht nur bei den "Grufties". Benimmschulen und Etikettetraining erleben zur Zeit eine wahre Renaissance. Denn immer mehr Karrieristen brauchen eine Überlebenshilfe im Dschungel der Manieren. "Das Interesse für gutes Benehmen ist Anfang der 70er von Amerika wieder rübergeschwappt", so Irmgard Rühl, Inhaberin der Berliner-Schule "Ton & Takt". Die Dame, die davon lebt, Menschen ohne Manieren solche beizubringen, glaubt, dass sich nur rund 50 Prozent der Deutschen richtig benehmen können. Auch sei der deutsche Tourist fast überall unbeliebt und falle schon aufgrund seiner schlechten Kleidung in jedem Land auf. "Doch wer Karriere machen will, muss sich heutzutage benehmen", betont die Benimmlehrerin, die auch in Firmen jungen, aber auch älteren Führungskräften Nachhilfeunterricht in Sachen Umgangsformen gibt. Denn für Holzhacker-Charaktere wird es immer schwerer, die Stufenleiter des Erfolgs zu erklimmen.

Blamage beim Essen

Der größte Fauxpas für die Frankfurter Etikette-Trainerin und Ex-Stewardess Lis Droste ist es, nicht zu wissen, wo der eigene Salatteller steht oder sich ausgehungert auf das Buffet zu stürzen. Der Spruch "Willst Du eines Menschen Bildung messen, schau ihm fleißig zu beim Essen", hat für sie keine Bedeutung verloren. Doch einige alte Zöpfe, die früher zum guten Ton gehörten, sind inzwischen out.
Den kleinen Finger beim Essen oder Trinken abzuspreizen - wie einige Schickimickis es immer noch machen - ist vollkommen passé. Im Mittelalter hingegen hatte das Fingerspreizen noch einen guten Grund, da damals der kleine Finger das Toilettenpapier ersetzte.

Während in manchem dunklen Raubritternest während der Mahlzeiten gerotzt und gespuckt, das Mundtuch sogleich für die Nase benutzt wurde, man am Tischtuch sein Messer abwischte und sich auf dem Boden würgend erleichterte, wenn eine Speise nicht bekam, legte der Burgherr Wert auf Benehmen. Mit weißem Leinen wurde die Tafel gedeckt, die Mundtücher durften nur zum Abtupfen von Braten, Sud und Wein genutzt werden. In Schalen reichte man duftendes Wasser für die Hände herum, und die Damen spreizten den kleinen Finger, den man gemeinhin zum Reinigen des Afters nutzte, geziert von ihren Trinkbechern ab, um diesen nicht zu beschmutzen und ihren neuen Sinn für Reinlichkeit zu demonstrieren.

(Auszug aus "Der Kapuziner Mönch aus dem Mittelalter")

Steif ist out

Auch durfte das "schwache Geschlecht" früher nicht vor dem Mann die Treppe hinaufsteigen. Denn der hätte ja die Gelegenheit nutzen können, ihr schamlos unter den Rock zu schauen. Heute steht die Sicherheit vor der Moral und so soll das Weib vor dem Mann die Treppe besteigen, damit er sie im Notfall auffangen kann.

Die Benimmregeln lehnen sich generell an den Zeitgeist an. Vor zehn Jahren hätte keiner einen Handy-Knigge gebraucht. Heutzutage gibt es dafür Möchtegern-Yuppis, die ihre Handys sogar auf einer Beerdigung klingeln lassen. Auch hatte das Rauchen für viele früher etwas Mondänes an sich, heute gelten die Raucher als charakterschwach. Dennoch: Steife und überkorrekte "Moralis" sind nicht gefragt, sondern Rücksichtnahme heißt das Zauberwort für gutes Benehmen.

Hilfe im Dschungel der Manieren

Wer vorhat, zum Liebling aller Mamas und Papas zu avancieren und keine kostspieligen Benimm-Kurse besuchen will , kann sich mit dem

"Manager Knigge 2000" von Heinz Commer
(Econ, 288 Seiten, DM 58,00) schlau machen oder seine Manieren mit dem Buch

"Umgangsformen heute" von Hans-Georg Schnitzer
(Falken, 255 Seiten, DM 29,90) aufpolieren.

Einen Karriere-Knigge für Frauen gibt es natürlich auch schon: "Erfolg ist weiblich" von Irmgard Rühl (Herder, 125 Seiten, DM 12,80).

Wer sich beim Schlemmen nicht blamieren, sondern mit vorzüglichen Tischmanieren glänzen will, bekommt mit dem Buch "Wie ißt man das? 77 schwierige Gerichte" von Hermann Bareis einen umfassenden Nachhilfeunterricht.

Quelle: http://www.firstsurf.com